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Preisgekrönter Erdbebenschutz in El Salvador

Im Zuge einer Gebäudeumnutzung wurden erstmals in El Salvador diagonale Stahlstreben mit Hydraulikdämpfern eingebaut. Die MHDs (MAURER Hydraulic Damper) verhindern künftig Erdbebenschäden und schützen nicht nur die Gebäudestruktur, sondern auch die Ausstattung und Einrichtung. Die innovative Erdbebenschutznachrüstung wurde preisgekrönt.

Gebäude aus den 70er Jahren nachträglich mit hydraulischen Dämpfern ausgestattet

Das Edificio Napoleon Bolaños Melendez steht in San Salvador, der Hauptstadt von El Salvador, und ist das erste Gebäude mit einer seismischen Dämpfung landesweit. Es wurde in den 1970er Jahren als dreistöckiger Stahlbetonbau errichtet. Nun wollte die FEDECREDITO, eine regionale Bank, dort ihr Hauptdatenzentrum unterbringen. Im Zuge der Renovierung musste der Erdbebenschutz verbessert werden, denn das Gebäude hatte bei den letzten beiden Erdbeben 1986 und 2001 mittelschwere Schäden erlitten.

Die Hauptstruktur des Bankgebäudes besteht aus Betonwaffelplatten mit Stahlbetonträgern, die die Hauptstützen verbinden und als erdbebensichere Rahmen dienen. Ursprünglich waren für die Aussteifung und Verstärkung des Gebäudes knickgesicherte Streben (BRB – Buckling Restrained Braces) diagonal in den Wänden vorgesehen. Beschaffung und Import der Elemente erwiesen sich jedoch als problematisch, so dass das Ingenieurbüro NARVAEZ HINDS beauftragt wurde, die geplante Nachrüstung zu überprüfen und Alternativen für einen gleichwertigen oder besseren Erdbebenschutz zu ermitteln.

Nach der Analyse kam NARVAEZ HINDS zu dem Schluss, „dass ein System mit Stahlrohrdiagonalen mit hydraulischen MAURER Dämpfern mit einer Kapazität von 100 bis 200 t sogar eine wesentlich bessere Option wäre“, berichtet der Firmenchef Ricardo Narvaez. „Denn die MHDs würden nicht nur die Kraftanforderungen an das bestehende Gebäude reduzieren, sondern auch die Beschleunigungen drastisch reduzieren, denen die teure Datenausrüstung im Gebäude ausgesetzt wäre.“ Das wiederum reduziert oder verhindert sogar Ausfallzeiten nach dem nächsten starken Erdbeben.

Hydraulikdämpfer verhindern Erdbebenschäden

MAURER Hydraulikdämpfer für den Erdbebenschutz dissipieren Energie, indem sie sehr effizient Bewegungsenergie in Wärme umwandeln. Sie unterscheiden sich von üblichen linear viskosen Dämpfern durch eine degressive Kraftentfaltung bei steigender Erdbebenintensität, d.h.: Bei schnelleren Bewegungen nimmt der Dämpferwiderstand weniger stark zu. Das ergibt eine optimale Dämpfung und vermeidet die Überschreitung von Bemessungsgrenzwerten für Kräfte und Beschleunigungen.

Bei einem Erdbeben erlaubt ein spezielles mechanisches Fluidströmungssystem innerhalb der Dämpfer Relativbewegungen von bis zu ±60 mm und kontrolliert bzw. begrenzt die Antwortkraft auf einem bestimmten Niveau. Der Dämpfungsexponent beträgt 0,2, was ein sanfteres Ansprechverhalten bewirkt und dennoch bei mittleren bis starken Erdbeben ausreichend hohe Kräfte erzeugt. Dies begrenzt Bewegungen auf ein Minimum und vermeidet Schäden am Bauwerk.

An der Gebäudeaußenhaut direkt hinter der Fassade

Die größten planerischen Herausforderungen in San Salvador waren laut Ing. Ricardo Narvaez „die exakte Positionierung der Dämpferdiagonalen und der Anschluss an die bestehende Gebäudestruktur“. Die Lösung: Direkt hinter der Fassade liegende Stahlstreben, in welche die Dämpfer integriert wurden, sind an beiden Enden mit hochfesten Stahlstäben bzw. -ankern mit den tragenden Stützen des Gebäudes verbunden. Das ist kostengünstig und stellt trotzdem die gewünschte Funktion sicher.

Eingebaut wurden die insgesamt 20 MHD jeweils zwischen zwei der tragenden Hauptsäulen, es sei denn, die Einrichtung des Rechenzentrums erforderte eine andere Position: In den beiden unteren Stockwerken gibt es je ein Dämpferpaar für alle vier Gebäudeseiten, im oberen Stockwerk für jede Richtung einen Dämpfer. „Mit diesem Schema können wir die seismischen Verschiebungen, die bei stärkeren Erdbeben statistisch alle 1.000 Jahre einmal auftreten, zwischen den Stockwerken gerade noch so im elastischen Bereich halten. Somit werden sogar für sehr starke Erdbeben schädliche Risse im Bauwerk verhindert und Menschen sowie Equipment bestmöglich geschützt“, berichtet Ricardo Narvaez. „Für die häufigeren Erdbeben, welche alle 250 Jahre einmal auftreten, haben wir ein vollständig elastisches Verhaltendes Bauwerks ohne zu erwartende strukturelle Schäden erreicht.“

Die Dämpfer sind bis zu 1,3 m lang, haben einen Durchmesser von 370 bis 480 mm und wiegen (ohne die bauseitigen Diagonalstreben) 160 bis 344 kg. Eine planmäßige Wartung ist bei den Dämpfern nicht vorgesehen, solange die Beanspruchungen die Auslegungsgrenzen um nicht mehr als den Sicherheitszuschlag von 20 % überschreiten.

Erfolgreiche Tests und Auszeichnung

Produziert wurden die beauftragten 20 Hydraulikdämpfer (8 x MHD 2.000 kN; 4 x MHD 1.500 kN; 8 x MHD 1.000 kN) bei MAURER in München. 2021 wurde jeweils ein Exemplar je Dämpfertyp am EUCENTRE in Pavia mit bis zu 350 mm/s auf seine Funktionsfähigkeit getestet. Insbesondere Dank des verwendeten speziellen Dreifach-Dichtungssystems wurden nach den Tests keinerlei Undichtigkeiten festgestellt. Zudem wurde ein sehr gutes Ansprechverhalten nachgewiesen; bereits nach 1-2 mm Bewegung bremst der Dämpfer die Bauwerksbewegungen sehr gut ab.

Alle Tests wurden gemäß den gültigen Europäischen Normen erfolgreich durchgeführt. Der Einbau erfolgte Anfang 2022. Ende 2022 wurde das Gebäude bezogen. Nach der Fertigstellung wurde das Projekt mit dem ersten Platz des PREMIO OPAMSS 2022 ausgezeichnet. Die OPAMSS ist die in der Metropolregion San Salvador zuständige Behörde für Stadtplanung und Baugenehmigungen. Der Preis wurde für den Einsatz von innovativer Technologie bei der Nachrüstung eines alten Gebäudes und die strikte Einhaltung aller geltenden Normen vergeben.

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San Salvador, El Salvador (1978)

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    8046
  • Veröffentlicht am:
    12.01.2024
  • Geändert am:
    12.01.2024